Die Pfingstnovene ist für uns Christen so etwas wie die Inkubationszeit für die Ansteckung mit dem Heiligen Geist.
Der Infektionsherd lässt sich genau festmachen. Es ist eine Person: der gekreuzigte und auferstandene Herr Jesus Christus im Umfeld seiner Jünger. Hier ist auch das eigentliche Glutnest zu suchen, dessen Feuer sich dann von diesem Personenkreis über die damals bekannte Welt bis hinein in unsere Tage ausgebreitet hat. Dieser Geist hat das Antlitz der Erde für immer verändert hin zu mehr Menschlichkeit. Löscharbeiten sind zwecklos, denn der Geist weht wann und wo er will. Dabei ist die Lage der Jünger nach dem Kreuzestod Jesu alles andere als verheißungsvoll. Der Glaube und das Vertrauen der Jünger sind am Boden zerstört, sie stehen vor dem Scherbenhaufen ihrer Hoffnungen: „Wir aber hatten gehofft, dass er der sei, der Israel erlösen werde!“ Ihre Treffen finden hinter verschlossenen Türen statt, aus Angst, dass ihnen die Jüngerschaft Kopf und Kragen kosten könnte. Selbstgewählte Quarantäne! Sie fallen in ihre alten Verhaltensweisen und Denkmuster zurück: Jeder ist sich selbst der Nächste. Es rette sich jeder selbst, wenn er kann. ICH-AG – FIRST!
Wie mühevoll muss es doch für Gott sein, den Menschen aus seiner alten, von den Vätern ererbten Lebensweise heraus zu locken, aus seinem steten Kreisen um sich.
Begreift ihr denn immer noch nicht! So hört man Jesus tief seufzen. Aber Jesus gibt seine Jünger der Mutlosigkeit und dem Dunkel nicht preis. Wie ein Bräutigam seine Braut von der Tragfähigkeit seiner Liebe überzeugt, so lässt Jesus keine Gelegenheit aus, seine Jünger aufzusuchen, ihnen zu begegnen. „Seht doch, hier sind die Male der Nägel. Mein Herz steht für immer offen. Meine Liebe ist nicht tot zu kriegen. Ich bin es und ich bin da, wo ihr seid!“
Der Glaube der Jünger bleibt auch nach den Begegnungen mit dem auferstandenen Christus zaghaft und brüchig. Doch nun ist die Zeit reif. Vor der Himmelfahrt Jesu schärft er seinen Jüngern ein: „Ich werde die Gabe des Heiligen Geistes, die mein Vater verheißen hat, zu euch senden. Bleibt beieinander, bleibt in der Stadt und betet um die Gabe des Geistes.“ Wer hätte das gedacht? Diese Jünger bleiben tatsächlich beieinander, diese Jünger, die doch vom Temperament und von ihrem Streben so unterschiedlich sind, finden sich im Abendmahlssaal ein und flehen um die Kraft von oben.
Mitten unter den Jüngern ist eine Frau nicht weg zu denken: Maria! Sie ist durch ihre Person der Infektionsbeschleuniger für den Heiligen Geist. Wo die Jünger verzagt sind, bleibt sie beharrlich. Wo die Jünger niedergeschlagen sind, bleibt Maria guter Hoffnung. Wo die Jünger verstummen, erhebt sie ihre Stimme: „Meine Seele preist die Größe des Herrn.“
Warum ist Maria ein Infektionsbeschleuniger für den Heiligen Geist? Die Heilige Schrift spricht davon, dass Maria voll der Gnade ist, d.h. doch nichts anderes, als dass der Heilige Geist von Anfang an Zutritt zu ihr hat. Er geht quasi bei ihr ein und aus. Der Geist Gottes ist bei Maria zu Hause. Vom Geist Gottes ist sie beseelt in ihrem Sein und Wirken.
Maria eint und hält die Jünger bei der Stange. Gott sei Dank!
Und nun zu uns heute:
Ist das Verhalten der Jünger nicht durch die Zeiten hindurch immer auch ein Spiegelbild für uns?
Entdecken wir nicht darin die Wahrheit über uns und Gottes Wirken heute? Fallen wir nicht auch allzu leicht in alte Verhaltensmuster und Vorbehalte zurück - trotz Taufe und Firmung?
Lassen wir uns durch den Geist Gottes in eine heilige Unruhe versetzen, damit auch heute das Antlitz der Erde erneuert wird. Dazu lädt die Pfingstnovene besonders in diesem Jahr ein. In der St. Anna-Kirche wird in den neun Tagen vor Pfingsten die Möglichkeit der eucharistischen Anbetung ab 16:00 Uhr sein. In der gegenwärtigen Situation der vielfältigen Umwälzungen und Verunsicherungen in Kirche und Gesellschaft ist wohl nichts so von Nöten wie das Wirken des heilenden und heiligenden Geistes. Lassen wir uns anstecken mit seiner Freude, seiner Liebe, seinem Frieden und seinem Langmut.
Seien wir gewiss: Mit Maria im Boot der Kirche und im Boot unseres eigenen Lebens sind wir ein „Powerhaus“ für das Wirken des Heiligen Geistes – hier und jetzt .
Maria Plog, Pastoralreferentin