Liebe Gemeinde,
in den letzten Tagen, Wochen und Monaten habe ich eines gelernt: Gelassenheit! Immer und immer wieder mussten wir die Erfahrung machen, dass sich einmal Beschlossenes wieder verändert. Kaum hatte man eine Pressemitteilung herausgegeben, schon war sie auch schon wieder überholt. Das Grußwort zu Weihnachten und zum Jahreswechsel schreibe ich Ihnen am Sonntag, den 13. Dezember 2020, da alle Medien auch immer eine gewisse Vorlaufzeit benötigen.
Soeben haben die Bundeskanzlerin und der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen den erneuten Lockdown verkündigt. Nach derzeitigem Stand sieht es so aus, dass wir zu Weihnachten Gottesdienste unter ganz bestimmten strengen Vorgaben feiern dürfen. Mit Voranmeldung, Abstand, Maske und – was mir am meisten weh tut – ohne Gesang. Eigentlich kann ich mir das nicht vorstellen: Weihnachten ohne „Stille Nacht“. Und wie gerne singe ich doch alljährlich in der Weihnachtszeit mein liebstes Weihnachtslied „Menschen die ihr wart verloren…“ . Aber so wird es sein müssen. Und dennoch: Es wird Weihnachten! Ganz sicher. Es wird zwar anders sein, als wir es gewohnt sind. Aber es wird Weihnachten.
Denn: Weihnachten braucht keine Rettung, Weihnachten rettet uns. Es hat zweitausend Jahre überstanden, ist durch den 30-Jährigen-Krieg gegangen, war bei den Pestkranken, hat sich an die Seite der Verfolgten gestellt, hat zwei Weltkriege überstanden und sich nicht darum gekümmert, ob Lametta oder goldene Kugeln am Baum hingen. Weihnachten hängt nicht davon ab, ob fünf oder zehn zusammen feiern. Weihnachten lässt sich nicht machen. Klöße zur Gans sind schön, aber nicht notwendig. Die Geschichten sind da. Der Stern ist da. Menschen sind da, an vielen verschiedenen Orten. Die Fantasie ist da, Ausschau zu halten, was trägt, wenn es nicht das Gewohnte ist. Gott sei Dank werden wir auch in diesem Jahr die Weihnachtsbotschaft verkünden dürfen – wenn auch nur ein Bruchteil derjenigen an unseren Gottesdiensten teilnehmen kann, wie wir das aus den Jahren vorher gewohnt sind. Aber wir werden sie verkündigen und hoffentlich sind uns viele über den Livestream verbunden. Was wir den Menschen verkünden, ist so wichtig wie selten zuvor. „Fürchtet euch nicht!“ (Lk 2, 10) Das hat der Engel damals den Hirten auf den Feldern zugerufen und er sagt es auch uns heute in dieser schweren Zeit. Er sagt es den Vielen, die mit Angst und Sorge in die Zukunft blicken, er sagt es denen, die auf den Intensivstationen um ihr Leben ringen, er sagt es denen, die über Weihnachten isoliert und in Quarantäne leben müssen, er sagt es den Kindern und jungen Menschen, die seit Monaten darunter leiden, dass sie sich so wenig mit ihren Freunden treffen können, er sagt es den alten Menschen in den Altenheimen. „Fürchtet euch nicht!“
Dieses Wort möchte ich auch Ihnen allen zurufen, die Sie mit uns in diesen Tagen verbunden sind. Ob Sie zu denjenigen gehören, die einen der wenigen Plätze in der Kirche bekommen haben, oder ob Sie uns über den Livestream verfolgen. Ich rufe es denen zu, die sich abgewendet haben von der Kirche, die enttäuscht sind und nichts mehr von uns erwarten. „Fürchtet euch nicht.“ Und wenn wir dann in wenigen Tagen in ein neues Jahr gehen, dann hoffe ich sehr, dass der Impfstoff gegen das Coronavirus uns Erleichterung und Hilfe verschafft. Ministerpräsident Armin Laschet hat es in den letzten Tagen so formuliert: „Es gibt Licht am Ende des Tunnels, es gibt den Impfstoff.“ Ich fühlte mich an das Wort aus der Heiligen Nacht aus dem Buch des Propheten Jesaja erinnert: „Das Volk, das in der Finsternis ging, sah ein helles Licht; über denen, die im Land des Todesschattens wohnten, strahlte ein Licht auf.“ (Jes 9, 1) Dieses Wort wurde um 730 vor Christus einem verwüsteten Land und einem verängstigen Volk verkündet.
Es wurde dem Volk eine Zukunft vorausgesagt, in der es Gerechtigkeit, Frieden und Freude gibt. Die Geburt des königlichen Kindes, Jesus selbst, will das Licht in der Finsternis sein. In diesem Kind liegt die Hoffnung der Menschheit. Das wünsche ich Ihnen und Ihren Familien, mit denen Sie an diesem Weihnachtsfest auf ganz andere Weise verbunden sein werden, von ganzem Herzen. Dass Sie Licht spüren am Ende des Tunnels, dass all Ihre Dunkelheit und Fragen hell und erleuchtet werden durch den, der unser aller Retter ist: Jesus Christus. Er segne uns alle, an Weihnachten und an jedem Tag im neuen Jahr 2021.
Ihr Pastor Markus Thoms